open

Weiterbildung Brigitte Trautz DGKP

Home / Weiterbildung Brigitte Trautz DGKP

Frau Brigitte Trautz hat die Fortbildung Basales und mittleres Pflegemanagement erfolgreich abgeschlossen. Im Zuge dieser umfangreichen Weiterbildung wurde die Abschlussarbeit “Angehörigengespräche mit Struktur” von Frau Trautz erarbeitet.

Wir gratulieren zu diesem Weiterbildungsschritt und freuen uns im Krankenpflegeverein über diese berufliche Bereicherung!

ANGEHÖRIGENGESPRÄCHE mit STRUKTUR

Angehörigengespräche mit Struktur
Johanniter Österreich
Ausbildung und Forschung gemeinnützige GmbH
Niederlassung Tirol
Weiterbildung Basales und Mittleres Pflegemanagement
Betreuung und Beurteilung:
Isabella Klotz, BSc, BA, MBA, MA
Vorgelegt von:
Brigitte Trautz
Hall in Tirol, im Juni 2021
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung…………………………………………………………………………………………… 1
1.1 Fragestellung ……………………………………………………………………………….. 2
1.2 Zielsetzung…………………………………………………………………………………… 2
1.3 Methode ………………………………………………………………………………………. 2
2 Kommunikationshindernisse und Lösungsansätze …………………………………… 3
2.1 Sackgasse 1: Konfrontative, negative Stimmung ……………………………….. 5
2.2 Sackgasse 2: Nicht die gleiche „Sprache“ sprechen. Gleiche Begriffe
anders verwenden bzw. verstehen…………………………………………………… 5
2.3 Sackgasse 3: Nicht richtig zuhören ………………………………………………….. 5
2.3.1 Nonverbale Zeichen für aktives Zuhören …………………………………….. 6
2.3.2 Verbale Umsetzung aktiven Zuhörens………………………………………… 6
2.3.3 Paraphrase …………………………………………………………………………….. 7
2.4 Sackgasse 4: Seine eigene Position verteidigen, anstatt die Perspektive
zu wechseln …………………………………………………………………………………. 8
2.5 Sackgasse 5: Die Beziehungsebene der Kommunikation ……………………..
vernachlässigen ……………………………………………………………………………. 8
3 Drei Rahmen gelungener Kommunikation ………………………………………………. 9
3.1 Wahrnehmung………………………………………………………………………………. 9
3.2 Kontakt………………………………………………………………………………………. 11
3.3 Ziel ……………………………………………………………………………………………. 11
4 Erfolgsfaktoren für eine gelungene Kommunikation ……………………………….. 14
4.1 Kommunikationsfähigkeit der Angehörigen ……………………………………… 14
4.1.1 Geistige Aspekte……………………………………………………………………. 14
4.1.2 Psychische Aspekte……………………………………………………………….. 15
4.1.3 Sozio-kulturelle Aspekte …………………………………………………………. 15
4.1.4 Kulturelle und sprachliche Aspekte…………………………………………… 16
4.1.5 Physiologisch-biologische Aspekte…………………………………………… 16
4.2 Kommunikationsfähigkeit der Mitarbeiter ………………………………………… 16
4.2.1 Geistige Aspekte……………………………………………………………………. 17
4.2.2 Psychische Aspekte……………………………………………………………….. 17
4.2.3 Zeitliche Aspekte …………………………………………………………………… 17
4.2.4 Umfeldaspekte………………………………………………………………………. 18
4.2.5 Räumliche Aspekte………………………………………………………………… 18
4.2.6 Kundenorientierung ……………………………………………………………….. 19
5 Checkliste für Angehörigengespräche ………………………………………………….. 19
6 Fazit………………………………………………………………………………………………… 21
7 Zusammenfassung ……………………………………………………………………………. 22
8 Literaturverzeichnis……………………………………………………………………………. 23
9 Abbildungsverzeichnis ……………………………………………………………………….. 25
1
1 Einleitung
Die An- und Zugehörigenarbeit (es sind nicht nur verwandtschaftliche Verhältnisse
gemeint, sondern alle, die sich um die KlientIn der Pflege bemühen und
Verantwortung übernehmen) ist eine der wichtigsten Aufgaben um eine häusliche
Betreuungssituation gut einzurichten und erfolgreich aufrecht zu erhalten. Obwohl
dies für die meisten unumstritten ist, werden Angehörigengespräche teilweise
hinausgezögert oder zwischen Tür und Angel geführt. In dieser Arbeit sollen anhand
diverser Fachliteratur Methoden aufgezeigt werden, wie ein Angehörigengespräch
für alle Beteiligten ein Gewinn sein kann, die Zusammenarbeit zwischen
Angehörigen und zuständiger Pflegefachkraft gefördert und gestärkt werden kann.
Wie Daneke (2010) anmerkt, kommt es bei der Aufnahme eines pflegebedürftigen
Menschen in eine Pflegesituation zwangsläufig zu Kontakt zwischen seinen
Angehörigen und den MitarbeiterInnen. Dieser Kontakt muss aktiv gestaltet werden.
Um diesen Kontakt so zielführend wie möglich aufzubauen, gibt es beeinflussende
Faktoren die berücksichtig werden sollten.
„Es ist Aufgabe der Mitarbeiter, die Rollenkonflikte, in die Angehörige geraten
können, zu erkennen und sensibel zu thematisieren, wenn die Angehörigen sich
Hilfe suchend an sie wenden“ (Leptihn, 2007, S.17).
Nach Meinung von Leptihn (2007) müssen Angehörige Vertrauen entwickeln
können, ehe sie die Unsicherheiten und Ängste abbauen können. Weiters führt er
aus, dass Vertrauen durch Transparenz des Leitungsspektrum, Ehrlichkeit im
Umgang und Verständnis den Angehörigen gegenüber entstünde – diese
Anforderungen können nicht ohne mühsame Arbeit umgesetzt werden.
Diese Aufgaben und Herausforderungen sollen in dieser Arbeit beleuchtet und
herausgearbeitet werden, um sie dann in der Praxis anwenden zu können oder
Faktoren zu erkennen die für die Angehörigenarbeit wichtig sind.
2
1.1 Fragestellung
In dieser Abschlussarbeit wird folgende Forschungsfrage bearbeitet und
beantwortet: „Gibt es Möglichkeiten (herausfordernde) Angehörigengespräche in
häuslichen Pflegesituationen zu beeinflussen bzw. zu lenken?“
1.2 Zielsetzung
Ziel dieser Arbeit ist es beeinflussende Faktoren für Angehörigenkommunikation
kennenzulernen, diese im Arbeitsalltag zu integrieren und dadurch die Qualität der
Gespräche zu verbessern.
1.3 Methode
Die angeführte Forschungsfrage wurde mit Hilfe einer systematischen
Literaturrecherche deutschsprachiger Literatur bearbeitet. Die verwendeten Daten
beziehen sich auf den Zeitraum 2009 bis 2020. Die elektronische Literaturrecherche
wurde in der Datenbank Google Scholar durchgeführt. Die Suche wurde erweitert
durch Fachbücher der Bibliothek Innsbruck und des AZW Hall. Die EDV gestützte
Recherche wurde mit den Schlüsselwörtern Angehörigengespräch,
Angehörigenarbeit, Kommunikation, Leitlinien, Checkliste, Struktur,
Kommunikation, pflegende Angehörige, häusliche Pflege, Hauskrankenpflege,
Zusammenarbeit mit pflegenden Angehörigen, Bedürfnisse, Verständnis,
Gespräche in unterschiedlicher Kombination verwendet.
3
2 Kommunikationshindernisse und Lösungsansätze
Kommunikation so alltäglich, aber dennoch voller Herausforderungen!
Wenn zwei oder mehrere Menschen miteinander kommunizieren kann es ungewollt
zu Missverständnissen, Unklarheiten und Unzufriedenheit im Gespräch kommen.
Damit professionelle Gespräche gelingen, gibt es Voraussetzungen, die man sich
aneignen und verinnerlichen kann. Durch ihren bewussten und regelmäßigen
Einsatz in der Kommunikation werden sie zur Selbstverständlichkeit und werden
dann ganz natürlich angewendet.
„Wenn Mitarbeiter aus Gesundheitsberufen professionell kommunizieren wollen,
übernehmen sie aktiv die Verantwortung für den Aufbau einer Arbeitsbeziehung,
auch Arbeitsbündnis genannt. Darüber hinaus liegt ihr Fokus weniger darauf,
bestimmte Informationen mitzuteilen, sondern im Einholen der Rückmeldung des
Gegenübers, um herauszufinden, welcher Inhalt diesen wirklich erreicht hat.“
(Tewes, 2015, S.4)
Die Beziehung der GesprächspartnerInnen ist nach Tewes (2015) eine wichtige
Größe in der Kommunikation. Es ist ein Unterschied, ob ein Gespräch mit
Angehörigen geführt wird, zu denen bereits ein Vertrauensverhältnis besteht oder
es sich um ein erstes Treffen handelt. Das Ziel des Gespräches kann
unterschiedlich sein. Es macht einen großen Unterschied im Gesprächsverlauf, ob
es sich um ein spontan entstandenes Gespräch ohne zu erwartendes Ziel oder um
ein Konfliktgespräch handelt.
Weiters führt Tewes (2015) aus, dass das Selbstwertgefühl auf beiden Seiten eine
besondere Rolle spielt. Während ein geringes Selbstwertgefühl eine negative
Erwartungshaltung an das Gespräch auslösen kann, kann ein starkes
Selbstwertgefühl dazu führen, dass die Verantwortlichkeit für die Kommunikation
übernommen wird.
4
Von jeder GesprächsteilnehmerIn wird eine soziale Rolle ausgekleidet (Tochter,
Chef/in, Eltern, …). Bei Gesprächen ist das Bewusstsein über die eigene Rolle
hilfreich und kann Missverständnissen vorbeugen und entgegenwirken.
Entscheidungsdruck kann dazu führen, dass ein Abwehrmechanismus
eingenommen wird. Es werden beim Gegenüber Verhalten oder Eigenschaften
wahrgenommen, die bei einem selbst abgelehnt werden. Wenn solche Prozesse
bewusst gemacht werden, dann kann damit gearbeitet und Komplikationen können
vermieden werden. (Tewes 2015)
Risse (2010) bietet auf nachvollziehbare Weise eine Orientierung durch den
Kommunikationsdschungel mit KlientInnen der Pflege und deren Angehörigen an.
Er erklärt anschaulich mit Hilfe eines Labyrinthes, welche Hindernisse auftreten
können und wie diese zu vermeiden sind.
In dieser Abbildung ist erkennbar, was vermieden werden muss, um nicht in eine
Kommunikationssackgasse zu geraten.
Abb.1: Labyrinth Kommunikationssackgasse (Risse, 2010, S.7)
5
Daraus ergeben sich lt. Risse (2012) 5 Kommunikationssackgassen und es wird
erläutert, wie diese positiv beeinflusst oder vermieden werden können.
2.1 Sackgasse 1: Konfrontative, negative Stimmung
Um nicht in diese Sackgasse zu geraten, ist eine positive Grundstimmung
unumgänglich.
Daneke (2010) erwähnt, dass verstandene Angehörige, verständnisvolle
Angehörige sind. Um diese Chance wahrnehmen zu können ist eine offene und
positive Einstellung zum Gespräch und zur Situation Voraussetzung. Dadurch kann
sich eine Positivspirale entwickeln, die für das Gespräch genützt werden kann.
Für Tewes (2015) ist erwähnenswert, dass Kommunikation stark
beziehungsgesteuert ist. Für sie ist somit klar, dass Kommunikation in erster Linie
Beziehungsarbeit ist und somit die schönste Gesprächsführungstechnik nichts hilft,
wenn die Beziehungsebene nicht gegeben ist.
2.2 Sackgasse 2: Nicht die gleiche „Sprache“ sprechen. Gleiche Begriffe
anders verwenden bzw. verstehen
Risse (2012) führt aus, dass eine einfache und klare Sprache durch Vermeidung
von Fachbegriffen, Abkürzungen und Fremdwörtern verwendet werden soll. Kurze
verständliche Sätze und Pausen zwischen den Sätzen ermöglichen dem
Gegenüber, dem Gespräch zu folgen. Wenn Fachbegriffe notwendig sind, dann
sollen diese erklärt werden und nachgefragt werden, ob alles verstanden wurde.
2.3 Sackgasse 3: Nicht richtig zuhören
Für Risse (2012) ist die Kommunikation ein Prozess, der als Austausch von
Botschaften beschrieben werden kann. Damit ist Kommunikation auf Dialog
angewiesen und dieser bestehe aus Sprechen und (Zu)Hören.
6
Nach Meinung von Tewes (2015), können nur noch ganz wenige Menschen richtig
zuhören, da das Erwachsensein eher mit Reden als mit Zuhören verbunden wird.
Häufig passiert es, dass sie schon nach den ersten Sätzen ihres Gegenübers in ihre
eigene Geschichte abtauchen. Dies passiert im Unterbewusstsein. Dadurch können
Missverständnisse entstehen und das Gegenüber bemerkt, dass dem Gespräch
nicht aufmerksam gefolgt wird.
Hoos-Leistner (2020) unterscheidet zwischen verbaler und nonverbaler Umsetzung
des aktiven Zuhörens.
2.3.1 Nonverbale Zeichen für aktives Zuhören
Diese Zeichen setzen sich unter anderem aus einer angemessenen
Distanzregelung, einer zugewandten Kopf- und Körperhaltung und Anpassung der
räumlichen Kommunikationshöhe (sitzend) an den Gesprächspartner zusammen.
Freundlicher Blickkontakt, eine offene zugewandte Körperhaltung und eine positive
Grundhaltung sind für das Gegenüber wahrnehmbar und spürbar. So ergibt sich die
Möglichkeit Gefühlslagen wie Trauer, Angst, Unsicherheit, … wahrzunehmen,
darauf einzugehen und dadurch vermehrte Informationen zu gewinnen.
Nonverbal wirken unter anderem auch das Auftreten und die Kleidung.
2.3.2 Verbale Umsetzung aktiven Zuhörens
Es beginnt mit der inneren Haltung auch wirklich zuhören zu wollen und einer
nonverbal zugewandten Körperhaltung. Durch offene Fragen, zustimmendes
Kopfnicken und verbale Laute oder Worte des Verstehens wird aktiv zugehört.
Wenn während des Gesprächs dokumentiert werden muss, dann empfiehlt HoostLeistner (2020) dies zu verbalisieren, dass zugehört wird, aber wichtige Punkte des
Gesprächs notiert werden. Damit das Besprochene auch sicher verstanden wird,
kann paraphrasiert werden.
7
2.3.3 Paraphrase
Mit Paraphrasieren wird das Gesagte des Gegenübers in eigenen Worten
wiederholt und umschrieben. Dadurch kann sichergestellt werden, dass das
Gesagte richtig verstanden oder interpretiert wurde.
Matolycz (2009) rät die Paraphrasen nicht zwingend mit den Worten „Das heißt
also…“ zu beginnen, da es den Anschein erwecken kann, dass die Äußerungen
übersetzt werden müssen.
Tewes (2015) merkt an, obwohl die Technik des Paraphrasierens einfach klingt,
braucht es doch regelmäßige Übung und eine emotionale Intelligenz. Es geht beim
Paraphrasieren nicht um einfaches Wiederholen des Gesagten, sondern um das
Heraushören und Wiedergeben der Kernaussage (emotional und sachlich).
Tewes (2015) zählt mehrere Punkte auf, die durch Paraphrasieren erreicht werden
können. So dient es zum Aufbau von Vertrauen, weil sich ernsthaft mit dem
gesagten der GesprächspartnerIn befasst wird. Das Gegenüber erhält zeitnah eine
Rückmeldung, ob die Botschaft richtig angekommen ist. Somit können
Missverständnisse gleich ausgeräumt werden. Es gibt der SprecherIn das Gefühl,
dass ihr ernsthaft zugehört und sie verstanden wird. Emotionale Gespräche können
versachlicht und hitzige Diskussionen beruhigt werden.
Weiters beschreiben Krause, Franzmann und Haberstroh (2011), dass versucht
werden soll Gefühle zu verstehen und diese auch zu verbalisieren (Angst,
Müdigkeit, Misstrauen, …). Dazu muss versucht werden, zwischen den Zeilen zu
lesen und die Motive hinter dem gesagten Wort zu finden. Es kann hilfreich sein,
um bei Spannungen im Gespräch dem Gegenüber Verständnis und Interesse zu
signalisieren. Mit Aussagen zu Gefühlen muss sehr behutsam umgegangen
werden, da es ansonsten zu Missverständnissen oder Rückzug im Gespräch
kommen kann
„So kann die Paraphrase einerseits ein Instrument zur Strukturierung stark
gefühlsgeladener Äußerungen sein, andererseits Missverständnisse vermeiden
helfen und schließlich bekundet sie schlicht und einfach Aufmerksamkeit.“
(Matolycz, 2009, S. 89)
8
2.4 Sackgasse 4: Seine eigene Position verteidigen, anstatt die Perspektive
zu wechseln
Bei einem Gespräch mit KlientInnen in der Pflege und deren Angehörigen ist es
sinnvoll zu versuchen, die Situation aus deren Blickwinkel zu betrachten. Eine
Betreuungs- oder Pflegesituation muss neu eingerichtet oder verändert werden. Sie
haben Ängste und der Alltag ist nicht mehr wie bisher. Es ist Aufgabe der
professionellen Pflege, sich in ihre Situation hineinzuversetzen und die
Kommunikation mit den aufgezeigten Techniken zu gestalten. Anstatt die Aussagen
persönlich auf sich zu beziehen, muss hinterfragt werden, warum Beschuldigungen
auftreten. Sie können ein Anzeichen von Unsicherheit oder Überforderung sein.
Wenn dies im gemeinsamen Gespräch festgestellt wird, kann die Situation
besprochen und Lösungsvorschläge erarbeitet werden.
Risse (2012) merkt an, dass es auch eine Aufgeschlossenheit gegenüber Kritik
geben muss. Schnell wird dazu geneigt, in die Verteidigungshaltung überzugehen
und sich zu rechtfertigen. Die Abwehrhaltung kann zu einem eskalierenden
Beharren führen und dieses Verhalten bringt die Kommunikation nicht weiter.
2.5 Sackgasse 5: Die Beziehungsebene der Kommunikation
vernachlässigen
Zu den kulturellen und gesellschaftlichen Grundsätzen gehört es nach Risse (2012),
dass zumindest auf der sozialen Ebene alle Menschen als gleichwertig gelten. Was
selbstverständlich sein sollte ist in der Alltagskommunikation nicht einfach. Dabei
erleben die meisten Menschen eine ehrlich gemeinte positive Rückmeldung
durchaus als Glücksgefühl.
Widulle (2012) betont, dass Beziehungen bei Gesprächen zentrale Einflussfaktoren
sind. Wichtig ist auch, wie die Qualität dieser Beziehungen ist (wertschätzend, offen,
formell oder informell, konflikthaft, persönlich oder distanziert), denn dies beeinflusst
maßgeblich jedes Gespräch.
Die Erkenntnisse dieser Sackgassen und das Wissen über die Vermeidung dieser
kann die Gesprächsführung entspannen und somit positiv beeinflussen.
9
3 Drei Rahmen gelungener Kommunikation
In einem seiner Buchkapitel erklärt Seidl (2014), warum er die drei Rahmen der
Kommunikation für unumgänglich hält und diese für Kommunikationstechniken die
ersten Schritte sind.
Die drei Rahmen lauten: Wahrnehmung, Kontakt und Ziel.
Abb. 2: Rahmen der gelungenen Kommunikation (Trautz, 2021 nach Seidl, 2014)
3.1 Wahrnehmung
Seidl (2014) versteht unter Wahrnehmung im Gespräch die Aufmerksamkeit, die im
Gespräch eingebracht wird. Für ihn gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten:
1. Die gesamte Aufmerksamkeit ist beim Gegenüber. Die Gestik, Mimik wird
wahrgenommen. Die Worte werden mit Inhalt und mit ihrer Bedeutung
aufgenommen. Das Gegenüber nimmt das hohe Maß an Aufmerksamkeit wahr und
erkennt es als Interesse an den Anliegen und an der eigenen Person.
2. Die zweite Möglichkeit ist, dass die Aufmerksamkeit ganz bei einem selbst ist.
Das Gespräch wird geführt, aber die Gedanken schweifen ab (Probleme zu Hause
oder Arbeiten die noch erledigt werden müssen). Am Ende des Gesprächs ist einem
bewusst welche Arbeiten nacheinander noch erledigt werden müssen, aber kaum
10
um was sich das Gespräch gedreht hat. Ein Großteil der Informationen wurde
„überhört“ oder nicht aufgenommen. Die Aufmerksamkeit lag bei sich selbst und
nicht beim Gegenüber, dies ist für ein Gespräch sehr kontraproduktiv.
3. Die dritte Variante ist eine Mischung der ersten beiden. Oft ist die Aufmerksamkeit
aufgeteilt auf unterschiedliche Orte. Es wird nur halbherzig zugehört, bereits daran
gedacht was noch zu erledigen ist oder was vorher mit einer anderen Person
besprochen wurde. Nach Seidl (2014) wird dies gerne als multitaskingfähig
bezeichnet. Untersuchungen hätten aber gezeigt, dass nicht mehr erreicht wird,
sondern nur mehr Fehler auftreten.
Tewes (2015) gibt zu bedenken, dass aus unzähligen Signalen wie Geräusche,
Bilder, gesprochene Worte, Mimik, Gestik, räumliche Umgebung, … nur wenige
ausgewählt werden, die dann als Informationen das Gehirn erreichen. Diese
Auswahl verhindert, dass es einerseits zu einer Reizüberflutung kommt, kann aber
auch verhindern, dass wichtige Informationen nicht aufgenommen werden. Welche
Signale wahrgenommen werden, wird durch die Vorerfahrungen beeinflusst. Es
spielen die Biografie, die Kultur, die eigenen Werte, persönliche Vorlieben oder
Erfahrungen, die das Thema in irgendeiner Weise berühren eine Rolle.
Weiters führt Tewes (2015) aus, dass die eigene Wahrnehmung immer subjektiv ist
und das Gegenüber die Situation komplett anders wahrnehmen kann. Deshalb kann
es hilfreich sein, sich mit Rückfragen zu versichern, ob es ein gegenseitiges
Verständnis gibt.
Seidl (2014) empfiehlt die Aufmerksamkeit bei Gesprächen bewusst zu trainieren.
Die Aufmerksamkeit auf sein Gegenüber zu konzentrieren, seine Gestik und Mimik
wahrzunehmen. Darauf zu achten was und wie die andere Person etwas sagt und
sich auch bewusst machen, wenn die eigenen Gedanken und somit die
Aufmerksamkeit abschweift und versuchen sich wieder auf die Situation und das
Gespräch einzulassen.
11
3.2 Kontakt
Der zweite Rahmen ist für Seidl (2014) der Kontakt oder der Zugang zu einer
anderen Person. Es gibt Personen, zu denen eine Kontaktaufnahme sehr einfach
ist und bei anderen muss man für eine gute Gesprächsbasis Arbeit investieren.
Menschen, die viele Gemeinsamkeiten mit uns selbst haben sind uns eher
sympathisch und wir finden schneller einen Zugang zum Gegenüber. Die Kunst
besteht darin, dass mit dem Gegenüber gesprochen wird, nicht zum Gegenüber.
Somit wird eine Brücke zum Gesprächspartner geschlagen und die Inhalte des
Gesprächs kommen wahrscheinlicher an.
Seidl (2014) schlägt vor, dass gute Gesprächssituationen bewusst beobachtet
werden sollen, um daraus zu lernen. Um Zugang zu einem anderen Menschen zu
finden sollten Ähnlichkeiten gefunden werden. Gibt es gemeinsame Interessen, um
eine Gesprächsbasis aufzubauen, eine ähnliche Körperhaltung einnehmen, die
Mimik und die Sprache anpassen und für Fortgeschrittene kann die Atmung
angepasst werden.
Risse (2012) gibt drei einfache Tipps, um dem Gesprächsgegenüber
Wertschätzung entgegenzubringen und so einen positiven Kontakt aufzubauen:
– das Gegenüber soll häufig mit dem Namen angesprochen werden.
– ein aufrichtiges, erkennbares Interesse an der GesprächspartnerIn soll
gezeigt werden.
– Fortschritte sollen anerkannt werden, nicht nur das Ergebnis.
3.3 Ziel
Um Ziele erreichen zu können, müssen Ziele gesetzt werden.
Im Gesundheitswesen werden in verschiedenen Bereichen Ziele gesetzt
(Pflegeplanung, Behandlungsziele, …), hingegen bei Gesprächen geschieht dies
oft nicht. Gespräche werden begonnen, ohne sich vorher zu überlegen in welche
Richtung es überhaupt gehen soll und was das Gesprächsziel ist.
12
Hoos-Leistner (2020) beschreibt die Zielsetzung in ihrem Werk genauer, da es der
Schlüsselfaktor für ein gelungenes Gespräch sein kann. Sie stellt grundlegende
Fragen zur eigenen Klärung, bevor das Gespräch mit den Angehörigen
aufgenommen wird.
– Welchem Zweck dient das Gespräch?
– Welche Rolle/Funktion (InformantIn, VermittlerIn, …) wird eingenommen?
– Was wird dazu benötigt?
– Was ist über die GesprächspartnerIn bekannt (Verhältnis zur Angehörigen,
Kommunikationsmuster, …)?
– Gibt es etwas, dass die GesprächspartnerIn braucht (Infomaterial,
unterstützende Personen, …)?
– Welche Interpretationen in Bezug auf die eigene Person vom Gegenüber
kann es im günstigsten, sowie im ungünstigsten Fall geben und wie wird
damit umgegangen?
Von Hoos-Leister (2020) wird empfohlen diese Fragen im Rahmen der Vorbereitung
schriftlich zu beantworten.
Zu Beginn jeden Gespräches sollte das Ziel des Austausches festgelegt werden.
Dadurch wird es erleichtert einen Gesprächsverlauf einzuhalten und bei
Abweichung wieder zurück zu finden. Das Gespräch kann bei einem klaren Ziel
strukturierter und mit weniger Emotionen geführt werden.
Hoos-Leistner (2020) geht, wenn die Ziele gefasst sind, in die Planung der
Umsetzung über und beginnt mit der Berücksichtigung des Umfeldes für eine
Gesprächssituation (räumliche und zeitliche Struktur). Um eine optimale
Compliance der Beteiligten zu erreichen muss das Gespräch angekündigt und
vorbereitet werden. Um eine gute Vorbereitung für das Gespräch zu schaffen sind
folgende Fragen zu klären:
– Wo findet das Gespräch statt? In der Institution oder bei der KlientIn der
Pflege oder einer Angehörigen?
13
– Welcher Raum ist in der Institution frei? Gibt es einen separaten Raum oder
gehen MitarbeiterInnen aus und ein?
– Wer ist die GespächspartnerIn? Gibt es Einschränkungen (Barrierefreiheit)
oder ist mit psychischen Belastungen oder starken Emotionen zu rechnen?
– Werden Hilfsmittel benötigt (Folder, Unterlagen, Schreibzeug, …)?
– Wer ist alles beim Gespräch anwesend? Mehrere Angehörige,
TherapeutInnen, HausärztIn, …? Dies ist auch wichtig für die Wahl der
Raumgröße.
– Inwieweit müssen Datenschutzbedingungen berücksichtigt werden
(Unterschrift einholen)?
– Benötigt es eine Nachbereitungszeit?
Diese Punkte können ebenfalls schriftlich vorbereitet und abgehakt werden.
Weiters führt Hoos-Leistner (2020) aus, dass eine Gesprächsreihenfolge
berücksichtigt werden sollte.
– Einleitung wenn nötig mit Vorstellung der eigenen Person und aller
Beteiligten
– Funktion bzw. die eigene Rolle erklären
– Das Thema verbalisieren und sich von den TeilnehmerInnen bestätigen
lassen
– Zeitressource angeben (und diesen einhalten)
– Weiteres Vorgehen und Festlegen der nächsten Schritte (wer ist für was
verantwortlich z.B.: Termine, Anträge, …)
– Thematik beenden, wenn nötig weitere Termine vereinbaren
– Abschluss
Es kann ein Protokoll angelegt und den TeilnehmerInnen ausgehändigt werden,
somit können alle Beteiligten das Besprochene nachlesen und Missverständnisse
können aufgegriffen werden.
Seidel (2014) ist überzeugt, wenn Kommunikation bewusst geführt wird und die drei
Bedingungen eingehalten werden, wird es mit jedem Gespräch einfacher und
schlussendlich wird die Methodik automatisch angewendet.
14
4 Erfolgsfaktoren für eine gelungene Kommunikation
Wenn eine gemeinsame Lösung für die KlientIn in der Pflege mit den Angehörigen
zusammen erreicht werden möchte, dann ist es nach Risse (2012) wichtig, nicht
aus der Ich-Position zu sprechen. Um eine gemeinsame Position zu entwickeln ist
eine Wir-Position im Gespräch und im Handeln angebracht.
Nach Fichtinger und Rabl (2014) besteht die Kunst der professionellen Pflegekraft
darin, zur KlientIn der Pflege und deren Angehörigen schrittweise ein Vertrauen und
eine Beziehung aufzubauen. Wenn nur zur der KlientIn der Pflege eine
Beziehungsebene aufgebaut wird, kann es durch die Angehörigen zur Eifersucht
kommen und so erschwert sich die so wichtige Zusammenarbeit (Angehörige als
Informationsquelle) in der häuslichen Betreuungs- und Pflegesituation.
Um ein erfolgreiches Gespräch zu führen listet Daneke (2010) folgende
Erfolgsfaktoren seitens der Angehörigen der KlientIn der Pflege und von Seiten der
MitarbeiterIn auf damit dies gelingen kann.
4.1 Kommunikationsfähigkeit der Angehörigen
„Die Mitarbeiter passen ihre Handlungen den Voraussetzungen und Möglichkeiten
der Angehörigen insgesamt an und versuchen positiv-unterstützend Einfluss zu
nehmen“ (Daneke, 2010, S. 33).
4.1.1 Geistige Aspekte
Einigen Angehörigen ist es aufgrund ihrer Intelligenz bzw. der Sprachkultur ihres
sozialen Umfelds nicht möglich den Erklärungen der GesprächsführerIn zu folgen.
Daraus können sich Unverständnis und Missverständnisse ergeben. Hilfreich kann
hier die Anpassung der Ausdrucksweise sein und Rückfragen zu stellen, um das
Verständnis zu erreichen.
15
4.1.2 Psychische Aspekte
Es können Situationen eintreten, in denen die Angehörigen von ihrer Stimmung und
Gefühlslage nicht die Möglichkeit haben sich auf ein Gespräch einzulassen. Angst,
Schuldgefühle, Unsicherheit, depressive Verstimmungen, problematische
Familienverhältnisse können Gründe dafür sein, dass sie sich nicht ausreichend
konzentrieren oder zuhören und somit dem Gespräch nicht folgen können. Es
entstehen Missverständnisse, da die Angehörigen das Gefühl haben, dass Themen
nicht mit ihnen besprochen wurden. Um dies zu vermeiden, sollte den Angehörigen
die Möglichkeit gegeben werden, ihre Gefühlslage zu thematisieren und versucht
werden darauf einzugehen. Wenn dies nicht möglich ist, sollte überlegt und
angeboten werden, das Gespräch auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.
4.1.3 Sozio-kulturelle Aspekte
Aufgrund einer auf Distanz aufgebauten Sozialisierung in der Herkunftsfamilie oder
Verhaltensregeln in der sozialen Schicht, aus dem die Angehörigen stammen, sind
sie nicht in der Lage oder willens Verantwortung für die Pflegesituation zu
übernehmen. Das kann sich auf das Gespräch auswirken. Es kann wie
Desinteresse wirken und auf Vorschläge wird nicht eingegangen oder es besteht
generell eine ablehnende Haltung. Die Angehörigen der KlientIn in der Pflege sollten
nur soweit wie ihnen möglich einbezogen werden, um eine Überforderung und den
kompletten Rückzug zu vermeiden. Den Angehörigen können durch Vermittlung
anderer Unterstützungsangebote das Verständnis für ihre Situation verdeutlicht
werden und so Entlastung geschaffen werden.
Fichtinger und Rabl (2014) zeigen auf, dass der professionellen Pflege bewusst sein
muss, dass sie in der Familie nur zu Gast sind und nicht das Recht haben in die
Familiengeschichte einzugreifen. Persönliche Abläufe und Gegebenheiten sind zu
akzeptieren, solange keine Gefährdung für die Angehörigen oder für die KlientInnen
in der Pflege besteht.
16
4.1.4 Kulturelle und sprachliche Aspekte
Die Angehörigen sind aufgrund von national-kulturellen Sprachgrenzen nicht in der
Lage dem Gespräch zu folgen und selbst Wünsche sowie Bedürfnisse für sich und
für ihre Angehörigen adäquat zu äußern. In einer solchen Situation sollte langsam
und deutlich gesprochen, kurze Sätze gebildet und die Inhalte wiederholt werden.
Durch gezieltes Nachfragen, ob das Gesagte verstanden wurde und Wiederholen
was selbst an Ausführungen angekommen ist, kann zum Verständnis beitragen
werden. Informationen über kulturelle Wünsche und Gewohnheiten können
eingeholt und auf diese eingegangen werden. Wenn die Sprachkenntnisse für ein
produktives Gespräch nicht ausreichend sind dann ist es sinnvoll eine
DolmetscherIn hinzuzuziehen (evtl. aus den Reihen der MitarbeiterInnen oder der
Angehörigen). Gegebenheiten in der Pflegesituation müssen teilweise genauer
erklärt und begründet werden, um das Vertrauen der Angehörigen und der KlientIn
in der Pflege zu gewinnen.
4.1.5 Physiologisch-biologische Aspekte
Wenn es physiologische, psychische oder geistige Beeinträchtigungen bei den
Angehörigen gibt, müssen diese erkannt und berücksichtigt werden, um so falsche
Interpretationen und Missverständnisse zu vermeiden (z.B. bei Schwerhörigkeit).
Die Beeinträchtigung soll angesprochen und bei Bedarf auch auf Hilfsmittel
aufmerksam gemacht werden (Hörgerät). Das eigene Verhalten muss der Situation
angepasst werden (z.B.: durch lauteres und deutlicheres Sprechen). Bei geistiger
Beeinträchtigung sollen einfache Sätze gebildet und gezielt nachgefragt werden,
dadurch wird die Kommunikation erleichtert. Wenn das Gespräch nicht erfolgreich
geführt werden kann, ist es hilfreich eine weitere Bezugsperson hinzuzuziehen.
4.2 Kommunikationsfähigkeit der Mitarbeiter
Daneke (2010) macht darauf aufmerksam, dass MitarbeiterInnen in der Pflege nicht
nur in dieser Rolle an ihrem Arbeitsplatz sind, sondern auch noch andere soziale
Rollen einnehmen (z.B.: Lebenspartner, Elternteil, Kind, Kollege, …) und sie leben
in zufriedenstellenden Situationen oder nicht. Sie kommen, wie die Angehörigen,
17
aus verschiedenen sozialen Schichten und sprachlichen Kulturen. Diese Faktoren
müssen ins Bewusstsein gerückt werden, um daraus die Konsequenzen (Anpassen
der Kommunikation in der jeweiligen Situation) ableiten zu können.
4.2.1 Geistige Aspekte
Unklare sprachliche Ausdrucksweise, unsystematische und ungeordnete
Sprachweise können zu Missverständnissen bei den Angehörigen der KlientIn der
Pflege führen. Um dies zu vermeiden ist eine gute Vorbereitung auf das Gespräch
und die Ausarbeitung der Themen von Vorteil. Des Weiteren können Fort- und
Weiterbildungen besucht werden, um neue Aspekte der Kommunikation
kennenzulernen und um Sicherheit in der Gesprächsführung zu erwerben.
4.2.2 Psychische Aspekte
Es kann auch auf der Seite der MitarbeiterIn ein grundsätzliches Desinteresse oder
eine Gleichgültigkeit gegenüber den Angehörigen bestehen. Die MitarbeiterIn kann
sich fachlich unsicher fühlen oder verspürt eine Unterlegenheit und kann dadurch
mit der Gesprächssituation überfordert sein. In diesem Fall ist es wichtig, die
Ursachen für das eigene Verhalten zu überprüfen und Lösungen zu erarbeiten. Es
kann eine KollegIn aus dem Pflegeteam das Gespräch übernehmen oder durch
Wissensaneignung das Defizit ausgeglichen werden.
4.2.3 Zeitliche Aspekte
Es gibt Situationen oder Zeitpunkte in denen die MitarbeiterIn nicht aufnahmefähig
ist. Die Gründe können im privaten oder beruflichen Umfeld liegen. Kann die
MitarbeiterIn sich nicht auf die Situation einlassen, dann wird das Gespräch nur
oberflächlich verlaufen und für keine Seite befriedigend sein. Durch die nonverbale
Kommunikation (geschlossen Körperhaltung, kein Blickkontakt, …) wird
Desinteresse ausgedrückt und kann falsch interpretiert werden, wenn das Gespräch
als Grund für dieses Verhalten ausgemacht wird. Die Situation kann bei den
Angehörigen zu Missverständnissen führen und den Eindruck erwecken, dass kein
18
Interesse an ihren Anliegen besteht, obwohl die Ursache nichts mit dem Inhalt des
Gespräches zu tun hat. Um dieses Missverständnis nicht aufkommen zu lassen,
kann das Problem (Zeit oder persönliche Aspekt) angesprochen werden. Es kann
versucht werden einen neuen Termin zu vereinbaren oder wenn möglich auf eine
KollegIn zu verweisen.
4.2.4 Umfeldaspekte
MitarbeiterInnen haben aufgrund ihrer eigenen Herkunftsfamilie und der sozialen
Schicht Erwartungen an die Angehörigen der KlientInnen der Pflege wie sie mit der
Pflegesituation umgehen sollen. Es kann deswegen zu Unstimmigkeiten kommen.
Ein weiterer Grund kann sein, dass die Angehörigen nicht als gleichrangige
Gesprächspartner wahrgenommen werden, weil diese evtl. hör- oder sichtbar aus
einer vermeintlich niedrigeren Schicht zu stammen scheinen. Es wird ein
Machtgefälle gegenüber den Angehörigen aufgebaut, es kann zu anmaßenden,
aggressiven oder unfreundlichen Verhalten kommen. Die Angehörigen ziehen sich
zurück, verweigern die Zusammenarbeit oder es kommt zu Beschwerden. Um
dieser Falle zu entgehen, müssen die eigenen Vorstellungen bewusst gemacht und
überprüft werden. Die Erwartungen an die Angehörigen müssen realitätsnah sein
und deren Kenntnissen, Möglichkeiten (finanziell) und Fähigkeiten entsprechen.
Ansonsten müssen Hilfsangebote gemacht und vermittelt werden. Die Ursachen für
das eigene Verhalten müssen erforscht und beseitigt werden (z.B. Supervision).
4.2.5 Räumliche Aspekte
Es ist wichtig, dass ein geeigneter Raum für das Gespräch organisiert wird. Dafür
muss bekannt sein, wie viele Personen an dem Gespräch teilnehmen und wie lange
der Raum benötigt wird. Es kann auch von Vorteil sein, das Gespräch im häuslichen
Umfeld der KlientenIn der Pflege zu führen („Wohlfühlumgebung“).
„Prinzipiell sollte der Erstkontakt in angenehmer, freundlicher, aufgeschlossener
und ehrlicher Atmosphäre stattfinden, wobei das Zuhause des Patienten sich als
19
Gesprächsort am besten eignet. Der Patient fühlt sich dort sicher und geborgen […]“
(Schmidt, Meißner, 2009, S. 76)
4.2.6 Kundenorientierung
Es kann nicht erwartet und schon gar nicht verlangt werden, dass Angehörige ihr
Verhalten an die Möglichkeiten des Gegenübers aus der Pflege anpassen.
Umgekehrt kann dies von einer professionellen Pflegekraft sehr wohl erwartet
werden. Wenn sich KlientInnen der Pflege und ihre Angehörigen von den
MitarbeiterInnen in der Pflege verstanden und mit ihren Anliegen ernst genommen
fühlen, dann ist auch die Gesprächsbasis gegeben, auch wenn es ein
herausforderndes Thema ist.
5 Checkliste für Angehörigengespräche
In der bearbeiten Literatur gibt es Vorschläge für Checklisten für z.B.:
Strukturkriterien, Prozesskriterien, Ergebniskriterien, wie bei Daneke (2010)
nachgelesen werden kann.
Schmidt und Meißner (2009) führen aus, dass viele ambulante Pflegedienste eigene
Beratungsleitfaden ausgearbeitet haben und dies durchaus sinnvoll ist. So kann das
Gespräch danach ausgerichtet werden und es wird gewährleistet, dass wichtige
Inhalte nicht vergessen werden und das Gespräch strukturiert abläuft.
Aufgrund dieser Empfehlung wurde für die Angehörigengespräche des
Krankenpflegevereins und des Case Management Jagdbergs eine Checkliste
erarbeitet. Diese soll im Alltag ausprobiert, evaluiert und bei Bedarf angepasst
werden. Das Ziel besteht darin, die Qualität der Kommunikation mit den
Angehörigen zu verbessern und ein Mindeststandard in der Information der
Angehörigen zu erreichen und so die Professionalität in den Gesprächen zu steigern
und eine erhöhte MitarbeiterInnenzufriedenheit zu erlangen.
20
Checkliste Angehörigengespräch CM/KPV Jagdberg
Name:
Datum: Uhrzeit:
Wieviel Personen nehmen teil: Ort:
Wieviel Zeit fürs Gespräch:
Welche Themen:
Hilfsangebote:
o KPV o MoHi o TT
o EaR o Pflegegeld o Zuschuss Pflegegeld
o 24h Betreuung o Förderung Bund o Förderung Land
o Urlaubsbett o Überleitungspflege o Heimaufnahme
o Rufhilfe o AGP o Hilfsmittel
o Pensionsversicherung o Krankenversicherung
Infomaterialien/Folder
Was muss organisiert werden von wem
21
6 Fazit
„Professionelle Kommunikation lernt sich nicht durch theoretische Lektüre, sondern
durch Üben. In diesem Sinne ist es ähnlich wie beim Schwimmen lernen. Wir
müssen ins Wasser und solange üben, bis wir nicht nur oben bleiben, sondern auch
gut vorankommen“ (Tewes, 2015, S. 6).
Zusammenfassend ergibt sich aus der Literaturrecherche die Erkenntnis, dass ein
Einhalten von Gesprächsstrukturen und gewinnen von Sicherheit durch das
regelmäßige Durchführen von Angehörigengesprächen eine Professionalität
erreicht werden kann.
Aus der Literatur geht hervor, dass Professionalität, erreichbar durch eine gute
Vorbereitung auf das Gespräch, (Selbst)Reflexion, Fortbildungen,
Unvoreingenommenheit, Einlassen auf die Situation, Verständnis für das
Gegenüber, die Angehörigenkommunikation positiv beeinflusst.
Das Einhalten von Gesprächsstrukturen wie Begrüßung, Vorstellen der
GesprächsteilnehmerInnen, Einhalten von Zeitlimits, Zusammenfassung und ein
guter Abschluss steigern die Zufriedenheit mit der Gesprächsführung auf beiden
Seiten.
Um dieses Ziel zu erreichen ist es von Vorteil eine Checkliste für ein strukturiertes
Angehörigengespräch zu verwenden. Da es schwierig ist in der Literatur etwas
passendes für die Institution zu finden, ist die Ausarbeitung oder Adaptierung einer
Vorlage für die eigene Institution empfehlenswert. So ergibt sich die Möglichkeit im
Vorfeld abzuklären was sich das Gegenüber vom Gespräch erwartet, benötigte
Unterlagen vorzubereiten, eine Gedankenstütze für das Gespräch zu haben und
bereits eine Kurzdokumentation zu erhalten.
Die erstellte Checkliste wird im Alltag ausprobiert, evaluiert und bei Bedarf
verbessert. Somit soll die Qualität der Kommunikation mit Angehörigen gesteigert
werden.
22
7 Zusammenfassung
Angehörigengespräche gehören zu jeder professionellen Pflegesituation im
häuslichen Setting. Obwohl täglich kommuniziert wird, kann eine professionelle
Gesprächsführung eine Herausforderung sein. Es benötigt theoretisches Wissen,
Bewusstseinsbildung für das Erkennen der Zusammenhänge und viel Übung.
Zur Klärung der Forschungsfrage: „Gibt es Möglichkeiten (herausfordernde)
Angehörigengespräche in häuslichen Pflegesituationen zu beeinflussen bzw. zu
lenken?“ wurde eine Literaturarbeit erstellt. Das Ziel der Arbeit ist es Methoden und
Vorgehensweisen kennenzulernen, aufzuzeigen und umzusetzen. Dadurch soll die
Qualität im Alltag für die MitarbeiterInnen und für die Angehörigen der KlientInnen
in der Pflege verbessert werden. Mit einer ausgearbeiteten Checkliste für
Angehörigengespräche soll dieses Ziel erreichbarer we und die Professionalität
gesteigert werden.
Die Literaturrecherche hat gezeigt, dass es Methoden gibt, die ein Gespräch
entspannen und somit das Verständnis und die Zusammenarbeit mit den
Angehörigen steigern können. Diese Erkenntnisse sollen verinnerlicht werden, um
sie in Gesprächssituationen anwenden zu können. Des Weiteren hat sich
herausgestellt, dass Gespräche, die mit Struktur geführt werden (Vorbereitung,
Themenauswahl, Ziel, Zeitmanagement, Nachbereitung) und mit Wertschätzung
(positive Grundhaltung, aktives Zuhören, (non)verbale Kommunikation,
Paraphrasieren) dem Gesprächspartner gegenüber erfolgreicher verlaufen. Was
aus der Literatur eindeutig hervorgeht ist, dass es sehr viel Kommunikationstraining
braucht und mit jedem Gespräch Sicherheit gewonnen wird. Somit kann jedes
nachfolgende Gespräch mit mehr Professionalität geführt werden kann.
Für die tägliche Praxis bedeuten diese Erkenntnisse, dass jede Gesprächssituation
eine Lernsituation ist, Fort- und Weiterbildung sollen genutzt und
Gesprächsstrukturen (erarbeitet Checkliste) eingehalten werden.
23
8 Literaturverzeichnis
Daneke S. (2010). Achtung, Angehörige!. Kommunikationstipps und wichtige
Standards für Pflege- und Leitungskräfte. Hannover. Schlütersche
Verlagsgesellschaft
Fichtinger C., Rabl R. (2014). Arbeitsumfeld Hauskrankenpflege.
Herausforderungen in der ambulanten Pflege erkennen und meistern. Wien.
Springer-Verlag
Hoost-Leistner H. (2020). Kommunikation im Gesundheitswesen. Berlin. SpringerVerlag
Krause K., Franzmann J., Haberstroh J. (2011). Kommunikation und Kooperation
von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden. In: Haberstroh J.,
Pantel J. (Hg). Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual. Berlin,
Heidelberg. Springer Verlag (S.79 – 88)
Leptihn T. (2007). 50 Tipps für die Angehörigenarbeit in der Altenpflege. Hannover.
Schlütersche Vertragsgesellschaft
Matolycz E. (2009). Kommunikation in der Pflege. Wien. Springer-Verlag
Risse T. (2010). Kommunikation und Interaktion in der Pflege. In: Bundesanstalt
für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hg.). Initiative Neue Qualität der Arbeit
(INQA). Bönen. DruckVerlag Kettler
Schmidt S., Meißner T. (2009). Organisation und Haftung in der ambulanten
Pflege. Praxisbuch. Heidelberg. Springer Medizin Verlag
Seidl A. (2014). Freundlich, aber bestimmt. Die richtigen Worte finden in
Gesundheitsberufen. Berlin, Heidelberg. Springer-Verlag
Tewes R. (2015). „Wie bitte?“ Kommunikation in Gesundheitsberufen. 2. Auflage.
Berlin, Heidelberg. Springer-Verlag
24
Widulle W. (2012). Gesprächsführung in der Sozialen Arbeit. Grundlagen und
Gestaltungshilfen, 2., durchgesehene Auflage. Wiesbaden. Springer VS Verlag für
Sozialwissenschaften
25
9 Abbildungsverzeichnis
Risse T. (2010). Kommunikation und Interaktion in der Pflege. In: Bundesanstalt
für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hg.). Initiative Neue Qualität der Arbeit
(INQA). Bönen, DruckVerlag Kettler
Trautz B. (2021). Nach: Seidl A. (2014). Freundlich, aber bestimmt. Die richtigen
Worte finden in Gesundheitsberufen. Berlin, Heidelberg. Springer-Verlag
26
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass die vorliegende Arbeit selbständig verfasst und nur die
angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet wurden. Diese Arbeit wurde noch
nicht anderweitig als Arbeit eingereicht.
Hall in Tirol, 11. Juni 2021
Brigitte Trautz